Entwicklung der Schuppenketten und Kinnriemen der Pickelhauben
Preussen (spätestens ab 1870 auch Baden, Württemberg und Hessen)
Die ersten Schuppenketten an den Helmen von 1842/43 waren keine Neuentwicklungen, sondern wurden von den ausgemusterten Lederhelmen übernommen. Bei Hieb-Versuchen an den neuen Helmen haben sich die herunter geschlagenen Schuppenketten als besonders wirkungsvoll gezeigt, weshalb man trotz des etwas höheren Gewichts an ihnen festhielt.
- Anfangs waren alle Schuppenketten durchweg gewölbt. Am breiten Ende waren sie rund 3,6 cm bis 3,8 cm breit, verjüngten sich dann aber auf ca. 1,6 cm bis 1,8 cm. Die Schuppen wechselten immer zwischen einem Glied mit 3 Rundungen und einem Glied mit 2 Rundungen. Die breite Endschuppe wurde mit einer oval geformten und mehrfach gekehlten Scheibe, der Rosette, abgedeckt, die auch zur Befestigung der ledernen Kokarde diente. Die Rosetten waren meist oval und maßen 3,5 x 4,0 cm. Ich habe aber auch runde mit einem Durchmesser von ca. 3,5 cm gesehen.
- Die schmalen Endglieder hatten anfangs noch nicht durchweg die kleine Haken/Ösen-Befestigung, womit die hochgeschlagenen Schuppenketten bequem fixiert werden konnten. Diese war zumeist nur an Offiziers-Helmen zu finden. Die Schuppenketten wurden stattdessen mittels Schnalle und Riemen so kurz wie möglich geschnallt. Der Vorteil der Haken/Ösen-Befestigung wurde jedoch schnell erkannt, weshalb sie schon mit der ersten Schuppenketten-Lieferung für die neuen Mannschafts- und Offiziers- Pickelhauben allgemein eingeführt wurde.
- Am Helm wurden die Schuppenketten meist mit einem Set aus Schraube und länglicher Ziermutter befestigt. Die Schraube wurde von Innen durch den Helm gesteckt und von Außen wurde die gedrehte Ziermutter aufgeschraubt, die ungefähr 1,5 - 2,0 cm vom Helm abstand (Bild 1).
Mit einer AKO vom 26. Juni 1856 wurden flache Schuppenketten für Fußtruppen eingeführt, nachdem sich diese vermehrt negativ über die gewölbte Form und die abstehende Ziermuttern äußerten. Die Soldaten hatten bei aufgesetztem Helm Probleme den Gewehrkolben vernünftig anzulegen, um über den Lauf zielen zu können.
- Die flachen Schuppenketten der Mannschaften und Offiziere waren anfangs rund 2,5 - 2,6 cm breit und verjüngten sich auf 1,5 - 1,6 cm (Bild 2).
- Die runden Rosetten für die flachen Schuppenketten waren ca. 0,2 cm größer, hatten also einen Durchmesser von 2,7 - 2,8 cm.
- Ohne die weit abstehende Ziermuttern eigneten sie sich weit besser zum Zielen, weshalb auch die Schuppenketten-Befestigung überdacht und durch ein stählernes Set von geschlitzter Halbrundkopf- Schraube und Gewindehülse ersetzt wurde (Bild 2). Da die Schraube nun nicht mehr so weit abstand, konnten die Soldaten ihre Wangen deutlich besser an den Gewehrkolben anlehnen und zielen.
- Die gewölbte Schuppenkette war jedoch ohne Zweifel eleganter anzusehen, weshalb die berittenen Truppen, die nicht primär mit dem Gewehr schießen mussten, diese beibehielten.
Mit dem per AKO vom 3. November 1860 eingeführten Helm M/60 wurden dann auch die gewölbten Schuppenketten etwas schmaler, in den Maßen ähnlich wie die flachen Schuppenketten.
- Die gewölbten Schuppenketten der Fußtruppen wurden in der Breite auf ca. 2,6 - 2,8 cm / 1,4 - 1,5 cm verschmälert (Bild 3). Die Rosetten für diese gewölbten Schuppenketten maßen ca. 3,0 x 3,5 cm.
- Auch die Schuppenketten der Kavallerie-Einheiten wurden verschmälert und waren noch ca. 3,5 cm / 1,6 - 1,8 cm breit (Bild 4). Ihre Rosetten maßen 3,0 x 3,5 cm, es wurden aber auch die alten mit 3,5 x 4,0 cm weiterverwendet.
Nachdem sich die militärischen Anforderungen grundlegend veränderten und Säbel im Gefecht keine Rolle mehr spielten, wurde die Schuppenkette mit dem Helm M/87 für die meisten Fußtruppen abgeschafft. Stattdessen wurde per AKO vom 3. März 1887 ein rund 1,6 cm breiter Kinnriemen aus geschwärztem Leder eingeführt, der mit einem einfachen Haken als Rosette am Helm befestigt wurde (Bild 5). Zur Längeneinstellung hatte er 1 Dornschnalle (Bild 6). Die Schuppenketten wurden nur noch von den Offizieren, der Garde-Infanterie und den Grenadier-Regimentern 1 - 12 getragen. Im Falle der Mobilmachung sollten aber auch die Garde-Infanterie und die Grenadier-Regimenter 1 - 12 den Kinnriemen anlegen.
Am 28. Januar 1889 wurde der metallene Helm überarbeitet und so wurde der neue M/89 eingeführt. Die berittenen Einheiten trugen weiterhin durchweg Schuppenketten und keine Kinnriemen.
- Die Schuppenketten der berittenen Mannschaftshelme waren immer noch 3,5 cm / 1,6 cm breit. Die ovalen Rosetten maßen 3,5 x 4,0 cm.
- Die Schuppenketten der metallenen Offiziershelme wurden stark verschmälert und maßen in der Breite nur noch 2,7 cm / 1,4 cm, was allerdings nicht jedem gefiel. Die Kleeblatt-Rosetten der Offiziere waren an der breitesten Stelle 4,0 cm breit.
Da sich die Haken-Befestigtigung von 1887 nicht bewährt hatte und die Kinnriemen ständig verloren gingen, suchte die Armee schon früh nach einem Ersatz und fand ihn in der Kinnriemenbefestigung M/91, welche per AKO vom 8. Januar 1891 eingeführt wurde. Die Schuppenketten wurden weiterhin nur von Offizieren, der Garde-Infanterie und den Grenadier-Regimentern Nr. 1 - 12 getragen.
- Die Länge des Kinnriemens M/91 wurde mit 2 Zugschnallen eingestellt und die zur Befestigung des Kinnriemens am Helm dienende Rosette bestand zu Anfang aus einem kleinen Zylinder mit ø13 mm (Bild 7), der mittels eines 4-fach gespaltenen Splintes und 1 Stift gegen ein Verdrehen am Lederhelm befestigt wurde (Bild 9). Die Anzahl der Stifte zur Verdrehsicherung war 1891 noch nicht reguliert und wurde vom M/87 übernommen (Bild 7). Am Zylinder war eine ca. 5 mm große, nach schräg hinten gerichtete, keilförmige Nase angebracht, über die die Metallöse des Kinnriemens, dessen Aussparung ca. 0,1 mm größer als der Zylinder war, geführt wurde (Bild 8). Wenn der Riemen dann vorne auf dem Schirm auflag oder unterm Kinn getragen wurde, war er durch diese Nase gesichert und konnte nicht verloren gehen. Die Metallösen am Kinnriemen waren rund 38 mm lang und bei Fußtruppen 2,0 mm dick, bei den berittenen Truppen 3,0 mm dick.
- Die Schuppenketten hatten nun anstelle der Splintrosetten passende Ausschnitte für die M/91-Rosettenknöpfe und die hinterste Schuppe wurde mit 3 Nieten in Dreiecks-Anordnung am Leder fixiert (Bild 10). Zudem sollte hinterste Schuppe bei den ledernen Helmen 2,0 mm dick sein, bei den Metallhelmen 3,0 mm.
- Die flachen Schuppenketten der Mannschaften verschmälerten sich auf 2,0 cm / 1,2 cm.
- Die flachen Schuppenketten der Offiziere verschmälerten sich auf 2,3 cm / 1,3 cm, die Offiziers-Rosette hatte einen Durchmesser von 2,5 cm.
Wie schon 1887 wurde der neue Kinnriemen zuerst nur für die Helme der Infanterie eingeführt. Für die Kavallerie, die Artillerie und dem Train wurde diese Kinnriemenbefestigung erst mit der AKO vom 18. Mai 1894 allgemein übernommen.
- Die gewölbte Schuppenketten an den ledernen Mannschaftshelmen wurden nun auf eine Breite von 2,6 cm / 1,5 cm verschmälert.
- Die gewölbten Schuppenketten der ledernen Offiziershelme verschmälerten sich auf eine Breite von 2,6 cm / 1,4 cm. Die ovalen Rosetten maßen jetzt nur noch 2,7 x 3,2 cm.
Mit der Einführung des M/95 wurde in der neuen Bekleidungsordnung vom 27. Juni 1896 auch der M/91-Kinnriemen samt Befestigung leicht verändert und etwas näher definiert. Aber auch einige Schuppenketten bekamen andere Maße.
- Der Zylinder der M/91-Rosette maß nun ø14,0 mm und es wurden 2 gegenüberliegende Stifte als Verdrehsicherung vorgegeben. Auch die keilförmige Nase wurde näher definiert, sie sollte 5 mm lang sein und 1,4 mm dick (Bild 11).
- Die Rosette der Metallhelme musste etwas robuster sein, weshalb die keilförmige Nase 2,0 mm dick und vorne abgerundet sein sollte (Bild 12).
- Die Kinnriemen waren immer noch rund 1,6 cm breit, aber die Metallösen waren wegen der 14 mm großen Rosettenknöpfe geringfügig größer, da auch die Ausschnitte 0,1 mm größer (also 14,1 mm) sein mussten. Die Dicken blieben mit 2,0 mm für Fusstruppen und 3,0 mm für berittene Einheiten gleich.
- Die gewölbten Schuppenketten der Jäger zu Pferd und der Leib-Gendarmerie waren anfangs identisch mit den Kürassier-Helmen, spätestens ab 1903 waren sie aber nur noch 3,2 cm / 1,4 cm breit (Bkl.O. 1903).
Mit der Einführung des M/15 am 21. September 1915 wurde der 4-fach gespaltene Splint und die Verdrehsicherung stark verbessert.
- Sie wurden durch 2 längliche Blechzungen ersetzt (Bild 13), die durch passende Schlitze im Helm gesteckt und dann umgebogen wurden. Dadurch war nicht nur die Fertigung wesentlich einfacher, auch der Ein- und Ausbau ging schneller als zuvor.
- Zum Helm mit Überzug sollte jetzt allgemein nur noch der Kinnriemen getragen werden. Zum Helm ohne Überzug sollten die Schuppenketten nur noch an den Metallhelmen, vom 1. Garde-Regiment zu Fuß und von den Offizieren getragen werden.
- Zudem trugen jetzt auch die berittenen Einheiten und die Offiziere Schuppenketten mit M/91- Rosettenknöpfen. Nur waren diese an den Lederhelmen von Zierkappen im ähnlichen Design der zuvor verwendeten Splintrosetten abgedeckt (Bild 14).
In Bayern und Sachsen wichen die Maße geringfügig von den Preussischen Vorgaben ab:
Sachsen:
- Im Königreich Sachsen wurden im Jahr 1867, in dem Sachsen die Pickelhaube einführte, eigenständige Schuppenketten an den Metallhelme getragen. Bis 1889 waren sie stolze 3,8 cm / 2,3 cm breit.
- Der Kinnriemen am M1887 und zu Anfang auch am M1891 war nur 1,5 cm breit, anstatt 1,6 cm wie in Preussen.
- Die Schuppenketten der berittenen Mannschaftshelme waren in Sachsen ab 1889 3,5 cm / 1,8 cm breit. Die ovalen Rosetten maßen wie in Preussen 3,5 x 4,0 cm.
- Die Kinnriemenbefestigung M/91 bestand auch in Sachsen zu Anfang aus einem kleinen Zylinder mit nur ø13 mm, der mittels eines 4-fach gespaltenen Splintes und nur 1 Stift gegen ein Verdrehen am Lederhelm befestigt wurde. Die Metallösen am immer noch 1,5 cm breiten Kinnriemen waren wie die preussischen 2,0 mm dick. Die Zugaben für die Aussparungen der Metallösen oder in den Schuppenketten waren mit 0,3 mm jedoch deutlich größer als in Preussen oder Bayern, wo sie nur 0,1 mm betrugen.
- Die flachen Schuppenketten waren in der Breite identisch mit den preussischen Modellen und maßen 2,0 cm / 1,2 cm. Die gewölbten Schuppenketten waren mit 2,5 cm / 1,5 cm Breite jedoch geringfügig schmaler. Im Gegensatz zu Preussen waren die Schuppenketten in Sachsen für Mannschaften und Offiziere identisch.
- 1895 wurden auch in Sachsen die Durchmesser der M/91-Rosetten vergrößert, jedoch war der Durchmesser hier mit ø14,1 mm angegeben. Ebenfalls wurden jetzt 2 Stifte als Verdrehsicherung vorgegeben. Der Durchmesser des am Helm anliegenden Teils betrug 2,0 cm. Die keilförmige Nasen am Zylinder der M/91-Rosette war 4,5 mm lang und 1,4 mm dick. Der Kinnriemen wurde nun ebenfalls mit 1,6 cm angegeben.
- Auch die Schuppenkettenbreiten veränderten sich 1895 geringfügig. Die flachen Schuppenketten sollten nun 2,15 cm / 1,2 cm breit sein, die gewölbten Schuppenketten waren mit 2,65 cm / 1,5 cm vorgegeben. Die hinterste Schuppe sollte 2,0 mm dick sein.
- Die M/91-Rosetten der Metallhelme maßen ab 1895 ebenfalls 14,1 mm im Durchmesser, jedoch betrug der Durchmesser des am Helm anliegenden Teils nur 1,9 cm und die Nase war 5 mm lang, abgerundet und 1,9 mm dick.
Bayern:
- Im Königreich Bayern wurde die Pickelhaube für den Großteil der Armee erst 1886 eingeführt. Die Schuppenketten am bayerischen Helm M1886 werden anfangs wohl für Mannschaften und Offiziere gleich breit gewesen sein. Die flachen Schuppenketten maßen 2,3 cm / 1,3 cm, die gewölbten maßen 2,6 cm / 1,4 cm. Die Rosetten hatten einen Durchmesser von 2,5 cm.
- Auch in Bayern wurde aber 1887 der neue Kinnriemen mit Hakenbefestigung für die Mannschaften eingeführt. Der Kinnriemen war wie in Preussen 1,6 cm breit.
- 1891 wurde die M/91-Rosette eingeführt, deren Zylinder zu Anfang genau wie in Preussen nur einen Durchmesser von 13 mm hatte. Ebenfalls wie in Preussen war die Anzahl der Stifte zur Verdrehsicherung nicht festgelegt und es wurde nur 1 Stift als Verdrehsicherung verwendet. Die Metallösen am immer noch 1,6 cm breiten Kinnriemen waren nur 1,6 mm dick und die Aussparungen hatten eine Zugabe von 0,1 mm. Zu Beginn war die keilförmige Nase am Zylinder 5 mm lang und 1,4 mm dick.
- Die Schuppenketten näherten sich 1891 den preussischen Modellen an. Die Flachen Schuppenketten der Mannschaften waren 2,0 cm / 1,2 cm breit, die gewölbten Schuppenketten der Mannschaften maßen in der Breite 2,4 cm / 1,4 cm. Die Schuppenketten der Offiziere blieben unverändert. Die hinterste Schuppe der M/91-Schuppenketten sollte bei den Fußtruppen 2,4 mm dick sein, bei den berittenen Einheiten sogar stolze 3,8 mm.
- 1896 änderte sich der Durchmesser des Zylinders der M/91-Rosette auf 14 mm und es wurden 2 Stifte als Verdrehsicherung vorgegeben. Die Nase änderte sich nicht.