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Merkmale preussischer Linien Helmadler der verschiedenen Pickelhauben-Modelle

Wie die Pickelhaube im Allgemeinen wurden auch die Helmadler immer wieder angepasst, um stets ein ansprechendes und elegantes Bild am sich verändernden Helm abzugeben. Dieser Leitfaden soll dabei helfen die unterschiedlichen Varianten der preussischen Linien-Helmadler für Mannschaften anhand seiner individuellen Merkmalen einem Pickelhauben-Modell zuordnen zu können. 

Zuvor möchte ich mich jedoch erneut bei meinem Freund Tony Schnurr von kaisersbunker.com bedanken, der mir wieder einmal mit vielen Fotos ausgeholfen hat.

M1842/43/57

Der Linien-Helmadler des Helmes M1842, M1843 und des M1857 ist 12,5 cm bis 13,0 cm hoch und leicht anhand den breit gefächerten Schwanzfedern und den muskulösen Bizeps-Armen zu erkennen (Bild 1+2). Ganz zu Beginn wurden auch gegossene Helmadler aus Messing verwendet (Bild 1), davon nahm die Armee wegen des hohen Gewichts jedoch schnell wieder Abstand. Das Design des gegossenen und des gepressten Helmadlers M1842 war ähnlich, die gegossenen Modelle waren aber aus Vollmaterial und sind an der glatten Rückseite zu erkennen.

Bild 1 - Gegossener Messing-Helmadler M1842-43


Bild 2 - Helmadler M1842-43 für Mannschaften und Offiziere


Da die Hersteller damals noch nicht in der Lage waren kleine Zwischenräume ohne viel Aufwand freizuschneiden, blieb nach dem Pressen zwischen den Flügeln und Oberschenkeln der Helmadler immer noch einiges an überschüssigem Material stehen. Eine Nacharbeit wäre zweifelsfrei möglich gewesen, doch der Aufwand wäre nicht unerheblich und die Kosten damit zu hoch. Da es zudem nicht groß auffiel verzichteten die sparsamen Preussen auf diesen Arbeitsschritt und ließen das Überschuss-Material stehen. Der auf Bild 2 gezeigte ist der verbreitetste Helmadler für Mannschafts- und Offiziershelme. Es gibt noch weitere Varianten des Helmadlers M1842/43, mit größeren Abweichungen am Schwanzfederansatz, aber dieses waren, soweit ich das in Erfahrung bringen konnte, ausschließlich Landwehradler. Daher vermute ich das es alles nur Helmadler von Eigentumshelmen waren.

Bild 3 - Fein ausgearbeiteter Tarnkappen-Durchsteckbolzen für Helmadler M1842-43 (Diese Methode wurde nur bis kurz nach 1860 angewandt)


Bild 4 - Rückseite eines Helmadlers M1842-43 mit angelötetem Gewindestift

 

Zur Befestigung am Helm wurden entweder Gewindebolzen mit einem Tarnkappen-Kopf durch 2 dafür eingebrachte Bohrungen in den Flügeln gesteckt (Bild 1+3) und im Helm mit Vierkant-Bügelmuttern verschraubt, oder es wurden rückseitig 2 Gewindestifte angelötet und ebenfalls mit Vierkant-Bügelmuttern verschraubt (Bild 4). Die Tarnkappen-Köpfe der Durchsteckbolzen wurden oft an das durch die Bohrung im Helmadler fehlende Federbild angepasst, was mal mehr und mal weniger gut gelang (vgl. Bild 1+3). Manche Tarnkappen-Köpfe sind aber echte Kunstwerke, die mir immer wieder zeigen wie stolz die damaligen Handwerker auf Ihre Arbeit waren.

M1857/M1860

Als am 10. Mai 1860 das Spruchband eingeführt wurde, wurden die bereits existierenden Helmadler oft nachgearbeitet. Die Spruchbänder platzierte man so gut es ging auf den verhältnismäßig schmalen Flügeln und lötete sie an. Dafür wurden mehrere kleine Löcher in den Helmadler gebohrt, damit das Lot sich ordentlich unter dem Spruchband verteilen konnte und die Lötstellen für lange Zeit Bestand hatten (Bild 5+6). Es gibt aber auch Helmadler in der Art des M1842/43 mit einem eingepressten Spruchband (Bild 7). Diese wurden wahrscheinlich nur bis kurz nach Beginn der Spruchbandeinführung hergestellt, denn mit dem Helm M1860 wurde auch ein etwas niedrigerer Helmadler mit einer veränderten Gestaltung eingeführt.

Bild 5 - Modifizierter Helmadler M1842-43 mit aufgelötetem Spruchband


Bild 6 - Rückseite Helmadler M1842-43 mit mit Lötpunkten für ein nachträglich aufgesetztes Spruchband
Bild 7 - Helmadler M1842-43 mit eingepresstem Spruchband


M1860

Der Helmadler M1860 (Bild 8) war etwas niedriger als der M1842/43/57. Er misst in der Höhe 12,0 cm bis 12,5 cm, die Breite blieb jedoch gleich. Durch die veränderten Proportionen wirkten die Flügel etwas breiter und das ebenfalls etwas kleiner gewordene Spruchband „Mit Gott, für König und Vaterland“ konnte dadurch gefälliger positioniert werden, mit größeren Abständen zwischen Wörtern. Des weiteren wurden die wie durchtrainierte Bizeps-Muskeln aussehende Wölbungen am oberen Kamm der Flügel zu Drillingshügeln zusammengeschoben, wodurch die Flügel insgesamt eleganter aussahen. Größere Änderungen gab es auch bei den Schwanzfedern. Dort wurden die breit gefächerten Federn durch eine vereinfachte Darstellung mit kurzen Federn Außen und langen Schwanzfedern in der Mitte abgelöst (kurz „|“).

Bild 8 - Helmadler M1860


M1867

Die Helmadler M1860 und M1867 sind bis auf das Befestigungssystem identisch. Während der Helmadler M1860 jedoch noch mit Gewindestiften und Vierkant-Bügelmuttern (manchmal auch schon mit normalen Vierkantmuttern) am Helm befestigt wurde, wurde für den Helm M1867 ein neues Befestigungskonzept eingeführt. Auf der Rückseite des Helmadlers M1867 wurden dafür zwei längliche, nach unten gebogene Laschen angelötet, die in passende Ösen am Helm geschoben wurden (Bild 9+10). Die Armee versprach sich davon eine schnelle und werkzeugfreie Möglichkeit zum Abnehmen der Helmadler, da diese oft in der Sonne funkelten und den gegnerischen Scharfschützen somit ein gutes Ziel boten. Dieses Befestigungssystem wurde aber schon 1871 wieder abgeschafft, da die Helmadler nun zu häufig verloren gingen.

Auf Bild 10 ist zudem schön zu sehen das die Helmschalennaht der Pickelhaube M1867, sofern die Schale nicht aus einem Stück gefertigt war, auf die Vorderseite wanderte, wo sie grösstenteils vom Helmadler verdeckt wurde. Dieser Schritt war notwendig, da auf der Rückseite des Helmes M1867 die Hinterschiene ja zwecks Gewichtsreduzierung entfallen ist und man auf der nun komplett sichtbaren Fläche keine hässliche Naht sehen wollte.
Bild 9 - Rückseite Helmadler M1867

 

Bild 10 - Vorderseite preussische Helmschale M1867


Interessante Nebeninformation:

Die Königlich Sächsische Armee, die Armeen von Mecklenburg-Strelitz, Mecklenburg-Schwerin und die Armee des Grossherzogtums Baden haben das Preussische Befestigungssystem der Pickelhaube M1867 nie übernommen. Ihre Wappen-Embleme am Helm M1867 wurden weiterhin mit Gewindestift und Vierkantmutter befestigt.

M1871

Für den Helmadler M1871 wechselte man wieder auf die bewährte Gewinde/Mutter-Befestigung zurück, da die Helmadler-Halterung vom M1867 wie erwähnt leider nicht praxistauglich war. Anstelle der Vierkant-Bügelmuttern wurden nun aber durchgehend einfache Vierkantmuttern aus Messing verwendet. Und obwohl der Helm M1871 wieder etwas niedriger als das Vorgängermodell war blieben die Abmaße des Helmadlers diesmal unverändert. Die Gestaltung des Helmadlers M1871 unterschied sich jedoch in einigen Punkten vom Vorgängermodell.

So ist das Überschuss-Material zwischen Flügeln und Beinen wegen der Fortschritte in der Metallverarbeitung etwas kleiner geworden und auch der Schwanzfederansatz wurde wieder umgestaltet. Dem Zeitgeschmack entsprechend wurden die Federn nun etwas schnittiger dargestellt (Bild 11). Der Ansatz sah nun etwas aus wie 3 nebeneinander stehenden „v“, wobei das mittlere „V“ größer ist und das Design deshalb das Kürzel „vVv“ erhält.

Bild 11 - Helmadler M1871


M1887/M1891

Die Helmschale der Helme M1887 und M1891 war erneut etwas niedriger und der Helm sollte auch wieder leichter als das Vorgängermodell werden. Um das Gewicht zu verringern wurde der Helmadler deshalb ebenfalls ein weiteres Mal verkleinert und umgestaltet. Er war jetzt 11,0 cm bis 11,5 cm hoch und unveränderte 14,0 cm breit. Mittlerweile hatte sich die Metallverarbeitung so weit verbessert, dass das überschüssige Material zwischen Flügeln und Beinen wie beim Offiziers-Helmadler restlos entfernt werden konnte. Ein weiteres Erkennungsmerkmal ist wieder einmal der Schwanzfederansatz, der diesmal jedoch nur dezent umgestaltet wurde. Wie auf Bild 12 zu sehen schauen die Federn zwar immer noch etwas wie 3 nebeneinander stehende „v“ aus, doch reicht die mittlere Spitze nicht mehr weiter runter als die seitlichen und sie sehen jetzt alle gleich groß aus. Das Kürzel ändert sich daher zu „vvv“.
Bild 12 - Vergleich Helmadler M1871 und M1887-91


Zur Befestigung an den Helmen M1887/91 wurde weiterhin der angelötete Gewindestift und eine Vierkantmutter aus Messing verwendet. Die Suche nach einer besseren Befestigungsmethode, mit der man den Helmadler schneller und ohne Werkzeug abnehmen konnte, ging aber weiter und 1895 schien man endlich fündig geworden zu sein.

M1895

Der Helm M1895 war die letzte große Entwicklungsstufe der Pickelhaube, und obwohl man weiterhin an Verbesserungen forschte blieb der Helm bis zu Beginn des ersten Weltkrieges fast unverändert in Gebrauch. 

Der Helmadler M1895 war 11,0 cm hoch und bestand wegen des geringeren Gewichts zumeist aus Aluminium-Bronze. Dies war ebenfalls dem Fortschritt in der Metallverarbeitung zu verdanken, da es erst kurz zuvor gelang überhaupt eine gelbe Aluminium-Bronze herzustellen. In der Gestaltung entsprach der Helmadler M1895 so ziemlich dem Helmadler M1887/91, jedoch mit einem neuen Befestigungskonzept. Dafür wurden auf der Rückseite des Helmadlers 2 Drahtschlaufen angelötet (Bild 13), die dann durch metallene Ösen am Helm geführt wurden, wodurch der Helmadler mit 2 einfachen Lederkeilen am Helm fixiert werden konnte. Dieses Befestigungskonzept wurde bis zum Ende der Pickelhaube am Mannschaftshelm beibehalten.
Bild 13 - Rückseite Helmadler M1895


M1915

Bild 14 - Helmadler M1915


Den Helmadler M1915 möchte ich erwähnen, aber nicht groß darauf eingehen. Er war nahezu identisch mit dem Helmadler M1895, wegen des Materialmangels im Krieg wurde er jedoch aus Stahl gefertigt und durch eine chemische Behandlung ergraut (Bild 14). Diese Oberflächenbehandlung war leichter und beständiger als ein Farbauftrag und es war eine Antwort auf das bekannte Problem mit den reflektierenden Beschlägen und den feindlichen Schützen. Erwähnenswert ist noch das die Herstellungsqualität im Krieg deutlich abgenommen hat. Die Details sind bei vielen Kriegsproduktionen lange nicht so deutlich ausgearbeitet wie bei den Produktionen der  Vorkriegszeit.

 

Eins noch…

Dieser Leitfaden kann leider nur eine grobe Hilfe sein. Wir leben heute in einer Überflussgesellschaft und entsorgen Dinge viel zu schnell. Eine Reparatur oder ein Umrüsten wird oft als zu teuer angesehen, oder es wird nicht einmal darüber nachgedacht. Die damals lebenden Menschen waren aber sehr sparsam; die gefertigten Ausrüstungsgegenstände mussten eine längere Verwendungszeit überdauern und Teile wurden auch umgearbeitet. Der Einführungszeitpunkt eines neuen Helm-Modells kann daher nicht als absolut angesehen werden, sondern war eher ein schwimmender Prozess. Abweichungen im Erscheinungsbild der Uniformen wurden für eine großzügige Übergangszeit ausdrücklich geduldet. Es gab oft lediglich eine Einheitlichkeitsbestimmung für eine bestimmte Gruppe, z. B. eines Bataillons. Wenn es also nicht genug Helme oder Helm-Bestandteile gab um diese definierte Gruppe einheitlich einzurüsten, dann wurde die Modernisierung zurückgestellt bis die Teile verfügbar waren. Wenn ein Helm oder seine Bestandteile zudem nach dem Ende seiner definierten Tragezeit noch einen guten Zustand aufwiesen, dann konnte es auch vorkommen das die Tragezeit verlängert wurde. So habe ich z. B. schon einen Helmadler M1842 mit aufgelötetem Spruchband und den Befestigungslaschen eines M1867 gesehen, oder auch einen Helmadler M1871 mit den Drahtschlaufen wie beim M1895.

Zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen das man die Echtheit eines Helm-Emblems auch immer in Frage stellen sollte. Um einen gefälschtes Emblem auszuschließen sollte man z. B. folgende Punkte überprüfen:

  • Stimmt die Darstellung? Es gibt zwar kleinere Unterschiede durch eine künstlerische Freiheit, da die verschiedenen Hersteller alle ihre eigenen Pressformen herstellten und nur bestimmte Vorgaben strikt einzuhalten waren, aber im Großen und Ganzen waren die oben beschriebenen Unterschiede gleich.
  • Ist die Patina authentisch? Materialien altern unterschiedlich und eine echte Patina lässt sich niemals abwischen.
  • Stimmen die Maße für den jeweiligen Helmadler?
  • Ist die Fertigungsqualität gut genug? Wurden die Kanten und Darstellungen beispielsweise sauber gepresst?
  • Gibt es Hinweise ob ein Helmadler gegossen wurde (z. B. kleine Bläschen)?
  • Werden die heraldischen Farben des Helmadlers auf den Flächen richtig dargestellt?
  • Wurde das richtige Material verwendet?
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