Über die Helmüberzüge der Pickelhauben
Mit der allerhöchsten Kabinetts-Order vom 17. Mai 1892 wurde allgemein der schilfgrüne Helmüberzug eingeführt, der zum Einen die weißen Manöver-Überzüge zur Unterscheidung der teilnehmenden Parteien ersetzte, doch im Gegensatz zu diesem auch noch eine andere Aufgabe hatte.
Bis 1884 steckten die Soldaten sich beim Manöver grünes Laub an die Kopfbedeckungen, um die Kriegsparteien unterscheiden zu können. Mit der AKO vom 8.5.1884 wurden dann die gerade erwähnten weißen Manöver-Überzüge für diesen Zweck eingeführt. Wie auf Bild 1 zu sehen saßen die Überzüge nicht gut und waren nur seitlich um die Rosetten gehakt. Die Spitze, der Vorderschirm mit der umlaufenden Metallschiene, ein Teil der hinteren Helmschiene und die Schuppenketten blieben dabei unverdeckt.
Aus diesem Grund waren sie auch selbst wenn sie eine anderen Farbe bekommen hätten nur für die Unterscheidung der Kampfparteien während der Manöverübungen geeignet, da zuviele Sonnenlicht reflektierende Metallteile unverdeckt blieben und die Helme den feindlichen Schützen somit eine gute Orientierung boten. Um diesen Nachteil für das Gefecht zu vermeiden mussten die Metallbeschläge seit dem 3.7.1849 umständlich mit Bernsteinlack geschwärzt werden, welcher nach dem Krieg wieder entfernt werden sollte.
Man suchte deshalb lange eine Möglichkeit diesen Vorgang zu vereinfachen und der Helmüberzug von 1892 war die Lösung. Er war leicht und deckte anders als der weiße Manöver-Überzug den ganzen Helm ab. Zudem war er ganz nach preussischem Geschmack eine kostengünstige Lösung, war schnell einsatzbereit und genauso schnell wieder entfernbar. Nicht zuletzt bot er mit seiner schilfgrünen Farbe in der europäischen Natur eine recht gute Tarnung, so das die Vorteile die anfänglichen Vorbehalte wegen seines plumpen Aussehens überwogen.
Der Überzug M1892 wurde gemäß Bekleidungsordnung mittels neusilberner Haken am Vorder- und Hinterschirme festgehakt. Vor 1896 war das Metall der Haken in der Bekleidungsordnung noch nicht festgelegt, für ältere Überzüge konnten sie also auch aus anderen Metallen bestehen. Er sollte den ganze Helm abdecken und eng an diesem anliegen. Die Überzüge der Mannschaften hatten zumeist 3 geschwärzte Neusilber-Haken vorn und 2 hinten (Bild 2).
Die der Offiziere hatten anstelle der Haken meist versteifte Krempen (Bild 3), welche die Schirme der Pickelhaube komplett umschlossen und so wesentlich besser saßen. Zudem hatten sie seitlich oft eingenähte Gummibänder oder kleine Stahlfedern in den Nähten, um den Sitz noch weiter zu verbessern.
Die Gummibänder wurden spätestens ab 1903 auch für die Mannschafts-Helmüberzüge zur Pflicht, wie es aus der Bekleidungsordnung für Mannschaften aus diesem Jahr hervorgeht. Damit sollten die doch manchmal vorkommenden allzu locker sitzenden Helmüberzüge vermieden werden (Bild 4).
Trotz der recht detaillierten Bestimmungen, die ausdrücklich Haken zur Befestigung der Überzüge am Helm forderten, wurden Abweichungen anscheinend geduldet. So sind z. B. Mannschafts-Überzüge mit den Krempen der Offiziers-Überzüge, oder auch Kombinationen von Haken und Krempen bekannt. Der Fokus der Heeresleitung lag wohl ausschließlich auf einen komplett abgedeckten Helm und einen eng anliegenden Sitz.
Die Stoff-Tülle für die Helmspitze war meist mit elastischen Bändern an den Überzug genäht, damit die Kopf-Ventilation weiterhin funktionieren konnte (Bild 5). Mit Einführung der Pickelhaube M95 wurde diesbezüglich auch noch ein Schlitz für den neu eingeführten Belüftungs-Schieber an der Hinterschiene hinzugefügt.
Bis 1897 hatten alle Überzüge keine Kennzeichnung. Erst mit dem AKO vom 28. Januar 1897 wurden Kennzeichnungen eingeführt, zunächst nur für die Infanterie- und Reserve-Infanterie-Regimenter. Diese sollten ihre Regiments-Nummer in roten arabischen Zahlen vorn auf den Helmüberzügen tragen (Bild 6). Die Reserve-Infanterie-Regimenter trugen zudem noch ein rotes „R“ über der Regiments-Nummer (ähnlich Bild 7). Bei den Regimentern der Friedensformation waren die Zeichen aus rotem Tuch und wurden am Helmüberzug festgenäht. Um Kosten und Zeit zu sparen sollten die Nummern für die zusätzlichen Regimenter der Kriegsformationen hingegen lediglich mit wasserfester Farbe aufgemalt werden (siehe Bekleidungsordnung für Mannschaften 1903, Seite 106, §44).
Als die Pickelhauben am 27.1.1899 schrittweise auch für die Landwehr-Infanterie-Regimenter eingeführt wurden trugen sie zuerst ebenfalls Helmüberzüge ohne Kennzeichnung. Dies änderte sich jedoch bereits ein Jahr später mit der AKO vom 8.2.1900. Mit ihr wurde befohlen das die Landwehr-Infanterie-Regimenter die bereits mit Helmen gemäß der gerade genannten AKO ausgerüstet wurden, genau wie die Linieninfanterie eine rote Regiments-Nummern aus Tuch auf den Helmüberzügen tragen sollten. Analog zu der Reserve-Infanterie sollten sie jedoch anstelle des „R“ mit einem „L“ über der Regiments-Nummer gekennzeichnet werden.
Am 3.7.1900 wurden die roten Regiments-Nummern auch noch die Feld-Artillerie-Regimenter übernommen.
Alle anderen Waffengattungen die zuvor nicht genannt wurden trugen weiterhin keine Kennzeichnung an den Helmüberzügen.
Etwas irritierend war für mich dann die folgende AKO vom 26.3.1906, mit der für die Kavallerie im Mobilmachungsfall das Anlegen von Helmüberzügen ohne Kennzeichnung befohlen wurde. Überzüge für Husaren und Ulanen wurden aber auch schon in der Bekleidungsordnung von 1896 erwähnt und das Buch „Die deutsche Armee im 1. Weltkrieg“ (Militaria-Verlag) zeigt die Probe eines Helmüberzuges für eine Metall-Pickelhaube von 1898. Es gab also schon vor 1906 Helmüberzüge für Kavallerie-Einheiten.
Die Verordnung läßt sich meiner Meinung nach nur damit erklären das die Kavallerie-Einheiten ihre Überzüge bis dahin nur beim Manöver, zur Unterscheidbarkeit der Parteien, trugen. 1906 erkannte die Führung aber das die Reiterei in Gefechten nicht mehr wie früher eingesetzt werden konnte, und das auch sie ins Visier feindlicher Schützen geraten konnten. Deshalb galt es auch für die Kavallerie blinkende Helm-Beschläge zu vermeiden.
Als letzte Änderung vor dem 1. Weltkrieg wurde am 23.6.1909, zur Unterscheidbarkeit der Einheiten während der Kaiser-Manöver, ein rotes Manöverband eingeführt. Dieses 6 cm breite Baumwollband sollte genau wie der Helmüberzug selbst mittels Haken und Ösen an diesem befestigt werden. Es sind aber auch Wende-Helmbezüge mit einseitig aufgenähtem roten Stoffband bekannt, wodurch es nicht verloren gehen konnte.
Kurz nach Beginn des 1. Weltkrieg wurde deutlich das die Sichtbarkeit der Soldaten weiter reduziert werden musste. Die feldgrauen Uniformen und die schilffarbenen Helmüberzüge boten zwar eine recht gute Tarnung, doch die roten Nummern waren fast genauso gut sichtbar wie die reflektierende Metallteil an den Uniformen. Durch die zuvor lang andauernde Friedenszeit verlor die Heeresleitung anscheinend etwas den Blick fürs Wesentliche, weshalb sie diesen Nachteil bei den Manöverübungen nicht erkannte. Daraufhin wurde aber sehr schnell reagiert und schon am 15.8.1914 wurde befohlen die roten Nummern auf den Helmüberzügen durch Regiments-Nummern in Tarngrün zu ersetzen (Bild 7). Diesmal sollten zudem sämtliche Waffengattungen (außer der Gardekorps) die Nummern tragen.
Nur weitere 4 Tage später wurde noch einmal explizit die Wichtigkeit betont, dass Sonnenlicht reflektierende Gegenstände und die roten Nummern der Helmüberzüge zu entfernen waren.
In diesem Krieg wurden so viele Truppen und Verbände wie noch nie zusammengezogen und etliche Regimenter oder Bataillone wurden neu gegründet. All diese Einheiten hatten zusammen zu funktionieren und die Heeresleitung musste die Übersicht über all die verschiedenen Einheiten behalten. Daher experimentierte die deutsche Armee in den ersten Kriegsjahren mit weiteren Bezeichnungen an den Helmüberzügen. Es wurden nicht mehr nur die grünen Regiments-Nummern und Nummern mit einem „R“ oder „L“ darüber verwendet.
Für die Landsturm-Bataillone wurde am 14.4.1915 zum Beispiel ein grünes Landwehrkreuz auf dem Helmbezug eingeführt, und darunter die Bataillons-Nummer in arabischen Ziffern (Bild 8).
Wie bei anderen Landsturm-Vorschriften wurde diese Verordnung in der folgenden Zeit aber nicht einheitlich umgesetzt. So kam es das auch folgende Kennzeichnungen, genähte und gemalte, dokumentiert wurden:
- Landwehrkreuz ohne Bataillons-Nummer.
- Vollkommen fehlende Kennzeichnung bei Landsturmtruppen.
- Landwehrkreuze aus Metall (was wegen den Reflexionen des Metalls eigentlich absolut unzulässig war).
- Landwehrkreuz und darunter die Korps-Nummer in römische Zahl neben der Bataillons-Nummer in arabischer Zahl.
- Landwehrkreuz und darunter die Korps-Nummer in römischer Zahl und nochmals darunter die Bataillons-Nummer in arabischer Zahl.
- „L“ anstelle des Landwehrkreuzes (was normalerweise für „Landwehr“ stand) und darunter die Korps-Nummer in römischer Zahl neben der Bataillons-Nummer in arabischer Zahl.
Aber wie die AKO vom 1.3.1916 zeigt gab es auch genehmigte Abweichhungen von der Regel. Diese Verordnung befahl neu formierten Batterien der Fußartillerie die Batterie-Nummer auf den Helmüberzügen zu tragen solange diese noch keinem Fußartillerie-Bataillonsverband zugeteilt wurden. Desweiteren trugen Soldaten von Munitions-Kolonnen der Feldartillerie oder Fußartillerie die Kolonnen-Nummer in römischer Zahl auf den Helmüberzügen (da die Munitionsversorgung eine Ressource des Armee-Korps war spiegelte die römische Zahl das Armeekorps wider). Fotos von Soldaten mit anderen untypischen Kennzeichnungen auf den Helmüberzügen lassen zudem noch weitere experimentelle Bezeichnungen vermuten.
Am 21.9.1915 wurde die feldgraue Friedensuniform und der neue Helm M15 vorgestellt, weshalb auch der Helmüberzug erneut angepasst wurde. Durch die abnehmbare Spitze des Helmes war nun auch die Stoff-Tülle für Selbige stets ein separates Teil. Desweiteren hatten die M15 Helmüberzüge seitliche Schlitze für die Kinnriemen (Bild 9).
Zwischen Oktober 1915 und März 1916 wurden auch die Stoffe der Helmüberzüge von Schilfgrün in Feldgrau geändert. Zum Einen war dies bestimmt eine Anpassung an die neue Uniform die mittlerweile gänzlich feldgrau war, zum Anderen waren die bisherigen Helmüberzüge im Feldeinsatz aber auch zu schnell verschlissen und ausgeblichen. Daher wurde bei den Stoffen für die neuen Überzüge besonders auf die Verwendung äußerst lichtechter Färbemittel geachtet, wie der Artikel der „Färber-Zeitung“ vom März 1916 zeigt.
Ende 1916 dämmerte den Deutschen allerdings, dass auch die Entente die Informationen auf den Helmüberzügen zur Identifizierung der deutschen Einheiten benutzte. Daraufhin wurde am 27.10.1916 befohlen auch die grünen Bezeichnungen von ihnen zu entfernen. Lediglich die grünen Kreuze der Landsturmtruppen verblieben auf den Überzügen.
Mit dem Stahlhelm wurden dann auch die Helmüberzüge überflüssig, da an diesen Helmen kein Schmuck mehr geführt wurde und sie gleich in Tarnfarbe gestrichen wurden.